„Praktikum unter Coronabedingungen“
Mittwoch, 31. März 2021 |
Die Coronapandemie verändert vieles, insbesondere auch den Berufsalltag. Gerade dort, wo unsere Studierenden in ihren Berufspraktika einen ersten Einblick in die Berufswelt erhalten, interessante Fachrichtungen ausmachen, Kontakte knüpfen und praktische Fähigkeiten erwerben sollten. Deshalb haben wir sie gefragt: Wie war es, unter Coronabedingungen ein Praktikum zu absolvieren? Nesrine Kara-Terki, Charlotte Müller, Juline Brodbeck und Janet Ladwig berichten von Ihren Erfahrungen.
In welchem Unternehmen/Bereich haben Sie Ihr Praktikum absolviert?
NK: Ich habe mein Praktikum in der pharmazeutischen Industrie gemacht, in einem führenden deutschen globalen Wissenschafts- und Technologieunternehmen.
CM: Mein Praktikum habe ich im Sommer 2020 bei der Deutschen Welle in Bonn absolviert. Zwei Monate habe ich dort in der Radioredaktion Afrika/Französisch gearbeitet.
JB: Ich habe mein Praktikum beim World Trade Center Metz-Saarbrücken in Metz, Frankreich, absolviert. Ausgeschrieben war die Stelle als „Projektmanagement“, sie umfasste jedoch weitere Bereiche wie Administration und Veranstaltungsmanagement.
JL: Ich habe mein Praktikum in der Abteilung für Kultur und Bildung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Paris absolviert.
Wie lief die Praktikumssuche ab? Hatten Sie dort Schwierigkeiten?
NK: Ich hatte einige Befürchtungen bei der Suche nach einem Praktikum inmitten einer globalen Gesundheitskrise, aber ich hatte das Glück, das perfekte Praktikum zum richtigen Zeitpunkt zu finden.
CM: Im November bekam ich eine Zusage für ein zweimonatiges Praktikum in Berlin im Sommer 2020 bei einem Radiosender. Dieses Praktikum wurde leider kurzfristig zu Beginn der Corona-Pandemie wieder abgesagt. Mitten im ersten Lockdown versuchte ich also, einen neuen Praktikumsplatz zu finden. Ich habe mich sehr bemüht, in meiner Heimatstadt Berlin, in Freiburg und deutschlandweit nach Alternativen gesucht. Nach ungefähr 10 Absagen habe ich mich an Eva Coydon gewandt. Innerhalb von wenigen Tagen schlug sie mir dann ein Praktikum bei der Deutschen Welle in Bonn vor, womit ich nicht gerechnet hatte. Ich habe sofort zugesagt. Am 1. Juli ging es los.
JB: Da meine Praktikumssuche in die Anfangszeit der Pandemie fiel, waren viele Unternehmen verunsichert und hatten sich noch keine Strategie für die kommende Zeit überlegt. Daher wurden die meisten Praktikumsangebote zurückgezogen oder nur unter Vorbehalt weiter angeboten. Dies erschwerte die Suche sehr, da sich die Anzahl an Praktikumsgesuchen drastisch verringert hatte und insgesamt eine große Unsicherheit herrschte.
JL: Tatsächlich hat sich durch die Pandemie die Praktikumssuche in die Länge gezogen, da die Bewerbungszeit genau in die erste große Welle der Pandemie fiel. Dies hat bei einigen Praktikumsgebern und auch an der Botschaft zunächst dazu geführt, dass Praktikumsprogramme ausgesetzt wurden bzw. keine neuen Praktikanten gesucht wurden.
Wie erging es Ihnen während des Praktikums? Wie sah Ihre Wohnsituation und Ihr Arbeitsalltag aus?
NK: Ich habe mein Praktikum auf der Anlage begonnen, wo wir die sanitären Maßnahmen strikt einhalten mussten. Aber von einem Tag auf den anderen wurden wir gebeten, von zu Hause aus zu arbeiten. Ich war während des größten Teils meines Praktikums in Telearbeit. Das war eine sehr ungewohnte und unerwartete Situation, weil ich nicht mit einer zweiten Welle gerechnet hatte. Am Anfang stand ich vor vielen Herausforderungen: Ich sah mich mit lebens-, team- und technikbezogenen Herausforderungen konfrontiert, wie z. B. der Isolation bei der Arbeit, dem Mangel an persönlichem Kontakt oder IT-Problemen. Während die Herausforderungen bei der Arbeit die gleichen blieben, musste ich mir einen Arbeitsplatz zuhause einrichten.
CM: Ich konnte die gesamten zwei Monate vor Ort in der Redaktion in Bonn arbeiten und habe mir für die Zeit ein WG-Zimmer gesucht. Zu Beginn meines Praktikums war ich vor allem mit Übersetzungen beschäftigt. Nach einigen Wochen wurde ich jedoch immer mehr in die Produktion in der Redaktion miteinbezogen, recherchierte beispielsweise für die Magazinsendung „Droits & Libertés“, führte Interviews mit Expert*innen und konnte einige Male sogar im Studio Texte miteinsprechen. Gegen Ende des Praktikums habe ich auch Artikel für die deutsche Redaktion im Haus verfasst und eine eigene Radioreportage erarbeitet. Unterhalb der Woche war ich sehr gut ausgelastet, an den Wochenenden hatte ich jedoch viel mehr Freizeit, als ich es aus Freiburg gewöhnt war. Das waren die einzigen Momente, in denen ich
mich in der neuen Umgebung etwas fremd gefühlt habe.
JB: Die Hälfte meines Praktikums konnte ich vor Ort absolvieren, wo es zeitweise nur wenige Einschränkungen gab und Veranstaltungen im beruflichen Kontext auch in Präsenz stattfinden konnten. Die zweite Hälfte meines Praktikums fand im Homeoffice statt. Zudem musste ich aufgrund eines Coronafalls im beruflichen Umfeld eine Woche in Quarantäne verbringen, was für mich persönlich sehr herausfordernd war (Angst, möglicherweise infiziert zu sein und im Fall eines schweren Verlaufs in einem fremden Land in ein Krankenhaus zu müssen; Einsamkeit). Ich hatte eine Wohnung über Airbnb gemietet, da es aufgrund der Pandemie und der vergleichsweise kurzen Praktikumszeit (4 Monate) schwierig war, eine Wohnung zu finden. Die Wohnungsmiete über Airbnb klappte sehr gut und war unkompliziert, jedoch vergleichsweise teuer.
JL: Ich habe während meines Praktikums in der Maison Heinrich Heine gewohnt, einem Studentenwohnheim für international Studierende in der Studierendensiedlung Cité internationale universitaire de Paris. In dem Studentenwohnheim wird viel Wert auf das Zusammenleben der Studierenden gelegt. Regelmäßig werden Veranstaltungen angeboten, Musikräume und die Bibliothek bieten Platz für gemeinsame Aktivitäten. Leider ist dies alles durch die Pandemie weggefallen. Viele gemeinsame Veranstaltungen wurden abgesagt, bzw. „nur“ digital durchgeführt. Im Studentenwohnheim selber sollte der soziale Kontakt weitestgehend eingeschränkt werden. Das war natürlich sehr schade. Auch auf der Arbeit wurde der direkte Kontakt zwischen den Kolleg*innen weitestgehend eingeschränkt. Teilweise habe ich mich etwas isoliert gefühlt.
Gab es Bereiche, in die Sie aufgrund der Corona-Pandemie keinen Einblick erhalten konnten?
NK: Ich hatte erwartet, dass das Arbeiten aus der Ferne das Wissen, das ich mir aneignen könnte, einschränken würde, aber eigentlich war das überhaupt nicht der Fall. Ich habe sowohl im Büro als auch zuhause eine Menge gelernt. Außerdem beschleunigte die Covid-Krise die digitale Transformation. Es war tatsächlich das heiße Thema zu diesem Zeitpunkt, und ich wurde direkt mit diesem Wandel konfrontiert. Ich kann sagen, dass die Arbeitsbedingungen zu Hause anders sind als im Büro, aber die praktische Erfahrung und das Lernen sind noch größer, weil man sich an eine neue Situation anpassen und neue, zwischenmenschliche und fachliche Qualitäten entwickeln muss, um Leistung zu bringen.
CM: Trotz der Corona-Pandemie erlebte ich während des Praktikums kaum Einschränkungen. Ich konnte jeden Tag in der Redaktion arbeiten und die Aufnahmestudios nutzen, ich konnte an mehreren Schulungen im Haus teilnehmen und viele der Redakteur*innen persönlich kennenlernen. Was in den zwei Monaten allerdings nicht ein einziges Mal möglich war, war an den gewohnten, persönlichen Redaktionskonferenzen teilzunehmen. Diese liefen ausschließlich online, alle Redakteur*innen blieben dafür in ihren festen Büros. Diskutiert wurde dabei relativ wenig. Gerne hätte ich mir einen besseren Eindruck von diesem zentralen Teil der Redaktionsarbeit gemacht.
JB: Leider fielen einige Veranstaltungen aus, die in diesem Zeitraum geplant gewesen wären. Andere Events wurden stattdessen online durchgeführt, doch insgesamt hatte ich sehr viel weniger Kontakt zu anderen Mitarbeiter*innen, Partner*innen und Kund*innen, als es unter normalen Umständen möglich gewesen wäre.
JL: Die Botschaft musste auf Grund der Pandemie viele Veranstaltungen absagen. Somit hatte ich leider weniger Gelegenheit, die vielfältigen Tätigkeitsbereiche der Kulturabteilung kennenzulernen.
Haben die Umstellungen aufgrund der Corona-Pandemie vielleicht auch Dinge ermöglicht, von denen Sie sonst nicht hätten profitieren können?
NK: Ich kann sagen, dass aus meiner Erfahrung heraus, mit der Anleitung und dem Feedback meiner Manager, meine Monate des Praktikums zu Hause sehr gut verliefen und ich mich natürlich daran angepasst habe. Meiner Meinung nach wird es immer besser sein, im Büro arbeiten zu können, allerdings ist auch das Arbeiten im Homeoffice angenehm, wenn man sich in einem guten Umfeld befindet. Ich habe versucht, das Beste aus meinem virtuellen Praktikum zu machen, vor allem aus dem digitalen Wandel, denn ich konnte viel daraus lernen. Daher empfehle ich, ein Praktikum zu machen, auch wenn es eine Pandemie gibt. Während dieser Krise haben sich die Unternehmen an die Digitalisierung angepasst und passen sich weiterhin an.
CM: Normalerweise vergibt die Redaktion Afrika/ Französisch Praktikumsplätze ausschließlich an Praktikant*innen aus Afrika. Da diese wegen der Corona-Pandemie nicht nach Deutschland kommen konnten, blieb der Platz im letzten Sommer unbesetzt. Nur deshalb konnte ich dort so kurzfristig einen Praktikumsplatz finden. In diesem Sinne hat mir die Pandemie überhaupt erst mein Praktikum bei der Deutschen Welle ermöglicht. Damit verbunden ist auch die Tatsache, dass ich mein Praktikum auf Französisch absolvieren konnte. Die Redakteur*innen vor Ort kommen, bis auf wenige Ausnahmen ausschließlich aus Afrika, z.B. aus dem Tschad oder dem Kongo. Gerade im Hinblick auf mein zweites Studienjahr in Frankreich, war das eine sehr gute Vorbereitung für mich.
JB: Die Tatsache, dass Veranstaltungen virtuell statt in Präsenz stattfanden, eröffneten auch Möglichkeiten für mich: Beispielsweise konnte ich so am WTCA Fall Forum teilnehmen, welches eigentlich in New York stattfindet.
JL: Nein.
Wie hat Ihnen das Praktikum insgesamt gefallen? Haben Sie Tipps für andere Studierende, die ein Praktikum während der Pandemie absolvieren wollen?
NK: Ich habe viel aus dieser Erfahrung gelernt, vor allem, weil ich mich mit den persönlichen Herausforderungen des Home-Office auseinandersetzen musste. Hier sind 3 persönliche Tipps, die ich für eine effiziente Arbeit von zuhause sehr nützlich fand: 1) Maximieren Sie die Nutzung interner Tools (z.B. geschäftliche Kommunikationsplattformen), lernen Sie mehr über die Tools, mit denen Sie arbeiten, um sich bei Online-Meetings wohler und sicherer zu fühlen. 2) Schaffen Sie sich ein eigenes Home-Office, passen Sie Ihren Schreibtisch an und schaffen Sie einen abgegrenzten Arbeitsbereich, um eine physische und psychologische Trennung zu fördern. Gerade in einem Studentenzimmer ist das nicht leicht. 3) Nutzen Sie auch die Möglichkeiten der digitalen sozialen Interaktion. Nehmen Sie an virtuellen Veranstaltungen teil, denn das hilft, das Gefühl der Isolation zu verringern und fördert ein konkretes Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen, auch wenn Sie telearbeiten. Rufen Sie Ihre Kolleg*innen (andere Praktikant*innen) regelmäßig an, um sich auszutauschen, das stärkt den Teamgeist. Mit diesen Tipps habe ich Wege gefunden, um diese Home-Office-Praktikumserfahrung auch zu genießen.
CM: Das Praktikum war für mich sehr lehrreich. Zu Beginn war ich mir noch unsicher, ob ich mich, mit meinen sehr beschränkten Vorkenntnissen, in den Arbeitsalltag einer afrikanisch-französischen Redaktion einfinden können würde. In der kurzen Zeit habe ich gelernt, ganz offen mit meinen Wissenslücken umzugehen und konnte sehr viele Erfahrungen sammeln. In jeder Hinsicht war das Praktikum eine Bereicherung für mich, gerade auch, weil ich unter anderen Umständen nie dort ein Praktikum absolviert hätte. Ich konnte viele Kontakte knüpfen und habe weiter Vertrauen in meine journalistischen Fähigkeiten und mein Sprachniveau gefasst. Mein Tipp für Studierende auf Praktikumssuche während Corona: Nicht verrückt machen lassen und nicht denken, es gebe überhaupt keine Praktikumsplätze. Am besten nimmt man sich Zeit für den Austausch mit den Redaktionen, denn diese sind ja häufig selbst in der Situation überfragt und wissen nicht, wie es weitergehen soll. Ich denke, es ist auch hilfreich, sich früh damit auseinander zu setzen, dass viele Praktika nur im Home-Office stattfinden können. Man sollte sich vor Antritt des Praktikums bewusst sein, was das bedeutet, damit man später nicht enttäuscht ist. Und für den Fall, dass sich einfach kein passendes Praktikum finden lässt: Auch Pflichtpraktika lassen sich im Notfall auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
JB: Mir hat das Praktikum insgesamt sehr gut gefallen, was besonders an meiner guten Betreuung, der Vielfältigkeit der Aufgaben und der persönlichen Gestaltungsfreiheit lag. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass sich ein Praktikum während der Pandemie auch gut ins Homeoffice verlegen lässt, sodass der*die Praktikant*in im Notfall auch in ihr Heimatland zurückkehren kann. In diesem Fall ist es meiner Einschätzung nach wichtig, in engem Kontakt zu seinen Betreuer*innen zu stehen (und diesen auch aktiv zu suchen), um weiterhin Teil des Teams sein zu können. Ich selbst habe mich vor Ort etwas einsam gefühlt, da es sehr schwierig ist, in Pandemiezeiten neue Kontakte zu knüpfen, wenn beispielsweise keine Veranstaltungen im öffentlichen Raum stattfinden, auf denen man Leute kennenlernen könnte; dessen sollte man sich bewusst sein.
JL: Mir hat das Praktikum trotz der Einschränkungen sehr gut gefallen, da ich viel lernen konnte und viele spannende Einblicke in die deutsche Diplomatie bekommen habe. Anderen Studierenden, die während der Pandemie ein Praktikum absolvieren möchten, rate ich dazu sich trotzdem engagiert zu bewerben und flexibel zu sein. Zudem sollte man damit rechnen, dass man ein paar Tage im Homeoffice arbeiten wird.
verfasst von Luisa Bauer