Vortrag von Ellis Fröder: Zu viel Hoffnung – zu viel Übermut? Emmanuel Macron und die Realität

Dienstag, 19. Dezember 2017 | 

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Ellis Fröder-23.11.2017 (1)

Am 23.11.2017 lud der Förderverein des Frankreich-Zentrums zu einem Vortrag von Ellis Fröder ein. Die WDR-Korrespondentin, die von 2012 bis Oktober 2017 das ARD-Hauptstadtstudios in Paris leitete, verdeutlichte vor einem vollen Saal ihre Perspektive auf Emmanuel Macron und dessen Konfrontation mit der politischen Realität.

Die einen lieben ihn, die einen halten ihn für einen Président jupitérien, die dritten sind abwartend oder gar skeptisch. Ellis Fröder griff mit ihrem Vortrag „Zu viel Hoffnung – zu viel Übermut? Emmanuel Macron und die Realität“, zumindest dem Titel zufolge, eben diese Ambivalenz auf. Während ihrer Zeit in Paris erlebte die Referentin nicht nur die turbulenten Wahlen, sondern auch die Erschütterungen Frankreichs durch die Terroranschläge auf Charlie Hebdo und jene in Nizza. Nun ist Frau Fröder wieder zurück in Deutschland und teilte den Anwesenden ihre Einschätzungen Emmanuel Macrons mit. Eröffnet wurde der Vortrag von Carl-Heinz Osten, Vorstandsmitglied des Fördervereins des Frankreich-Zentrums. Bei seiner Einführung betonte er seinerseits den Erwartungsdruck auf den jungen Präsidenten, indem er dessen jetzige Situation mit der Amtsübernahme Barack Obamas verglich: Könne man nicht davon sprechen, dass beide zum Erfolg verdammt seien?

Während es in Frankreich momentan gerade eher ruhig zuginge, könnten nach Ellis Fröders Einschätzung in Berlin im März Neuwahlen anstehen. Diese mangelnde staatliche Verantwortung sei schlecht für Deutschland und schlecht für Macron, der gemeinsam mit Deutschlang wieder die Führungsrolle in Europa übernehmen wolle, was ihm zum Teil bereits geglückt sei.  Macron habe sich vom unterschätzten Wirtschaftsminister zum Präsidenten und innerhalb von eineinhalb Jahren zu d e r Führungsfigur in Europa an Merkels Seite entwickelt. Der „nobody-Präsident“ sei während der Wahlen, im Gegensatz zu seiner damaligen Kontrahentin Marine Le Pen, inspirierend und mitreißend gewesen, vor allem bei den jüngeren Wählern. Le Pen habe die Franzosen für dümmer gehalten, als sie seien. Euro- und Fremdenfeindlichkeit hätten nicht genügt, um eine Wahl zu gewinnen. Er habe Neugier wecken können, während Le Pen alte Antworten auf neue Fragen geliefert habe. Aber Frau Fröder merkte auch an, dass eben deshalb viele Wähler Macrons Gegen-Le Pen-Wähler gewesen seien und dies habe sich auch in kleineren Demonstrationen widergespiegelt. Man werfe ihm beispielsweise vor, ein Präsident der Reichen zu sein. Doch insgesamt hielten sich diese Proteste in Grenzen. In Grenzen hielten sich auch Frau Fröders kritische Töne gegenüber Macron, denn das war bereits der kritischste Teil ihres gesamten Vortrags. Seine absolute Mehrheit im Parlament, aufgewogen durch die politisch heterogene Zusammensetzung, sah sie zum Beispiel als eine Chance, seine Projekte umzusetzen und den Franzosen wieder Hoffnungen zu geben. In der anschließenden intensiven Diskussion wurde die Referentin mit Fragen konfrontiert, die die etwas skeptischere Haltung der Anwesenden zeigte. Unter anderem wurde Kritik an der Distanz gegenüber kleineren Medienbetrieben, an seiner monarchistischen Selbstinszenierung und vor allem seinen als illusorisch eingeschätzten Plänen für Europa laut. Nicht alle teilten also die Zuversicht der Referentin. Die Frage, ob Macron zu übermütig sei oder zu viele Hoffnungen wecke, konnte damit nicht für das gesamte  Publikum befriedigend beantwortet werden. Aber, und das betonte Frau Fröder unermüdlich, das Entscheidende sei, dass es wieder Ideen und Visionen gebe. Macron sei momentan die beste Option, die Frankreich und Europa hätten. Auch wenn sich nicht alle Gäste von Frau Fröder mitreißen lassen konnten, regte sie eine Diskussion an, die einige noch während des Empfangs im Casino des Haus zur Lieben Hand fortführen konnten.

 

Der Vortrag wurde aufgezeichnet und kann in Kürze über den Youtubekanal der Universität Freiburg angesehen werden.

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